Glockenkrieg von Lomnitz
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Der Schilderkrieg von Lomnitz
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Anzeige wegen einer Glocke
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Schwelt da ein Ost - West - Konflikt?
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Gerüchte und ein wenig Häme
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Glockenstreit von Lomnitz erleben auch Umkircher
•
Erstes Beispiel:
•
Zweites Beispiel:
Der Schilderkrieg von Lomnitz
Wie in einer Dorfposse kämpft ein zugezogenes Ehepaar gegen alle in der Gemeinde
und füllt damit Aktenordner und Aktenordner. Die winterkahlen Bäume vor Werner
Müllers Haus verkünden seine Wahrheit. Große Schilder hängen in den Ästen, deutlich
lesbar für alle, die vorübergehen. „Verwüstung und Verdrängung ist hier die
Tagesordnung“ liest der Besucher, überrascht von derart harten Worten in einem
kleinen, verschlafenen Dorf. Als „Objektkunst“ bezeichnet Werner Müller das
ungewöhnliche Werk; „Meinungsfreiheiten“ sagt seine Frau dazu.
Vor Weihnachten waren es noch über zwanzig Schilder, beschrieben mit Reimen gegen
die Gemeinde Lomnitz im Allgemeinen und gegen eine Türglocke im Besonderen.
Inzwischen hängen nur noch drei Protesttafeln auf Müllers Grundstück nahe Radeberg.
Jugendliche seien nachts über den Zaun gestiegen und hätten die Schilder gestohlen,
vermutet Ria Hänel-Müller. Mit dieser Annahme liegt sie wahrscheinlich richtig. Denn
was aus Sicht der Müllers ein „ demokratisches Mittel“ zur Selbstverteidigung ist,
finden viele Einwohner des kleinen Dörfchens Lomnitz lächerlich oder sogar
schändlich.
Anzeige wegen einer Glocke
Eine lange hässliche Reihe von Zwietracht und Unverständnis gipfelt Ende letzten
Jahres in dem bizarr anmutenden Schilderkrieg. Anlass für den eskalierenden Konflikt
war eine kleine goldene Glocke, die bei Familie Seifert im Nachbarhaus als Türklingel
dient. Die Glocke bimmele durch die geschlossenen Fenster hindurch und zwar auch
nachts, sagen die Müllers. „Weg mit der Glocke“, schrieben sie auf ein Schild und
stellten es in ihrem Garten auf. Sie erstatteten Anzeige gegen Regina Seifert, die in der
Gemeinde im Ordnungsamt arbeitet und verlangten, „dass endlich Ruhe und Ordnung
einkehren“. Aber die anderen Nachbarn bekundeten ihre Solidarität mit Seiferts
Türglocke: Die hänge schon immer da und habe nie jemanden gestört. Gegenüber von
Müllers Grundstück tauchten Gegen-Transparente auf. „Die Glocke muss bleiben“,
steht dort auch jetzt noch geschrieben. Das Dörfchen Lomnitz hat Partei ergriffen. Eine
Glocke brachte den Vulkan zum Ausbrechen, aber rumort hat es im Inneren schon seit
Jahren. 1996 zogen die Müllers aus Süddeutschland nach Lomnitz. Die Dorfbewohner
sahen das Auto mit dem fremden Kennzeichen, sahen, dass auf dem Grundstück am
Kirchweg gewerkelt wurde. Aber Kontakt mit den neuen Nachbarn gab es nicht. „Wir
wollen unsere Ruhe“, sagt Ria Hänel-Müller. In Süddeutschland sei es üblich, „mehr
für sich“ zu leben. Die Nachbarn haben sich damals gewundert und ratlos die
Schultern gezuckt: Dann eben nicht. Mit den Müllers kam Unruhe ins Dorf und ein
Berg Verwaltungsarbeit. Ein Streit mit der Gemeinde um die Vermessung ihres
Grundstücks war der Beginn einer langen Reihe von Anzeigen und Beschwerden.
„Etwa 100 Vorgänge“ seien seit 1996 auf seinem Schreibtisch gelandet, sagt
Bürgermeister Michael Eisold. Auch beim Ehepaar Müller füllt der Schriftverkehr mit
der Gemeinde inzwischen fünf Ordner und einige Kästen mit Dias. Denn alles wird
pedantisch dokumentiert und dann angezeigt: der Falschparker am Kirchweg, der
Nachbarshund, der mit seinem Bellen „belästigt und gefährdet“, der Kirschbaum, der
im Wege steht – und natürlich die Glocke. Nachbar Andreas Kleiber schüttelt den
Kopf: „Auf dem Dorf bellt nun mal der der Hund, wer das nicht will, muss in den
Wald ziehen.“ Noch nie hätte es so was gegeben und eigentlich könne man nur darüber
lachen
Schwelt da ein Ost-West-Konflikt ?
Die Müllers fühlen sich in Lomnitz nicht willkommen. Sie vermuten, dass im Dorf
Ränke gegen sie geschmiedet werden und dass man sie hinausekeln will. Als Grund
sehen sie einen „Ost-West-Konflikt“. Andreas Kleiber glaubt das nicht. Für intelligente
Leute verhalten sich die Müllers nach Meinung der Lomnitzer allerdings sehr
eigenartig. Und dass es intelligent ist, betont das Ehepaar ganz außerordentlich.
Werner Müller setzt hinter jede seiner Unterschriften ein TOL a. D.. Das steht für
Technischer Oberlehrer außer Dienst. Auf Ria Hänel-Müllers Signum folgt stets das
M.A. für ihren Magister in Slawistik, Germanistik und Musikwissenschaft. Im
Schriftverkehr mit der Gemeinde haben die Müllers verlangt, dass ihre Titel genauso
anerkannt und verwendet werden wie der von Bürgermeister Michael Eisold. Wer
nicht Nachbar ist und manchmal über den Gartenzaun lugt, weiß fast nichts von den
Müllers, die doch schon seit vier Jahren in Lomnitz wohnen. „Fremde Leute sind das“,
sagt eine Frau, die ihr Fahrrad die Dorfstraße entlangschiebt. Wie es weitergehen soll,
weiß keiner in der Gemeinde. In der Silvesternacht hat die Dorfjungend das
Grundstück der Müllers mit Knallern bombardiert. Die Eheleute sagen, dass sie
weitermachen, mit ihren Mitteln. „Nur wenn wir es gar nicht mehr aushalten, werden
wir hier wegziehen“, sagt TOL a. D. Werner Müller. „Aber dann werden wir von
Westdeutschland aus gerichtliche Schritte unternehmen.“
Gerüchte und ein wenig Häme
In Lomnitz kursiert das Gerücht über den Ort Umkirch im Breisgau, von dem die
Müllers 1996 nach Sachsen kamen: „An dem Tag, an dem die beiden weggezogen
sind, wird dort jedes Jahr ein Dorffest gefeiert“, sagt Andreas Kleiber und muss
schmunzeln. So wörtlich sei das sicher nicht zu nehmen, meint Bürgermeister Michael
Eisold. Aber dass die Gemeinde Umkirch den Lomnitzern ihr herzliches Beileid
ausgesprochen habe, das sei schon richtig. Derweil trotzen im nackten Geäst der
Bäume vor Müllers Haus die Plakate mit dem Protest gegen das Gemeindeamt weiter
Wind und Wetter. „Man sitzt dort in Amt und Würden und stellt den Fremden nur
Hürden“, steht da in kämpferischen Lettern. So behält jeder seine Wahrheit.
Glockenstreit von Lomnitz erlebten auch Umkircher
Johannes Kramer aus 79224 Umkirch schrieb dieser Tage folgenden Brief an die
Gemeindeverwaltung Wachau, welchen wir (die Sächsische Zeitung) mit
Genehmigung von ihm veröffentlichen. Dabei geht es um den Glockenstreit von
Lomnitz (SZ vom 05.01.2001) In der letzten Woche sahen wir in der ARD – Sendung
„Brisant“ den Beitrag zum Glockenstreit in Lomnitz. Ich bin von einigen Bewohnern
unseres Hauses daraufhin angesprochen worden und möchte zum Ehepaar Müller ein
paar Anmerkungen machen. Werner Müller TOL a. D. und Ria Hähnel-Müller M. A. –
so die korrekte Anrede, auf die sie großen Wert legen, besitzen seit Anfang der
neunziger Jahre eine Einzimmerwohnung in unserem Haus, welches ein
zwölfgeschossiges Hochhaus mit 72 Wohnungen ist. Es sind alles
Eigentumswohnungen, die Mehrzahl der Eigentümer wohnt darin. Wir haben eine
Hausverwaltung, die unsere Anlage verwaltet. Auf den jährlichen
Eigentümerversammlungen wird über alle Ausgaben, notwendige Erneuerungen usw.
berichtet und abgestimmt. Wenn die erforderlichen Mehrheiten vorhanden sind,
werden diese Beschlüsse umgesetzt. Seit sechs Jahren bin ich Beiratsmitglied,
gewählter Vertreter der Eigentümer. Seit dieser Zeit gab es ständig Ärger mit Familie
Müller. Bei der Hausverwaltung haben sich schon Aktenberge angehäuft. Familie
Müller nimmt an keinen Eigentümerversammlungen teil, sie lehnen im Vorfeld schon
fast alle Tagesordnungspunkte ab und stimmen per Vollmacht gegen fast alle
Beschlüsse. Nachfolgend zwei Beispiele von Beschwerden, die mich an den
Glockenstreit erinnern:
Erstes Beispiel:
Jahrelang fuhr ein Bäckerauto mit frischen Brötchen gegen 8 Uhr auf den Parkplatz
vor dem Haus und machte sich mit einer Klingel bemerkbar. Gerade ältere Bewohner
fanden das recht gut, da der Weg zum Bäckerladen erspart blieb. Familie Müller
beschwerte sich mehrfach.
Zweites Beispiel:
Die Wohnungsnachbarn, ein Rentnerehepaar, ließen mit Zustimmung der
Eigentümerversammlung ihre Fenster erneuern und mit einem Rolladen ausstatten.
Dieses Rollo wird von einem Motor angetrieben. Die Anlage wurde von einer
Fachfirma installiert und entspricht dem neuesten Stand. Die 20 Sekunden surren des
Rolladenmotors morgens gegen 8 Uhr und abends gegen 21 Uhr veranlasste Familie
Müller wieder zu diversen Beschwerden und Klagen. Nach der
Eigentümerversammlung 1999 erhob Familie Müller Klage beim Amtsgericht Freiburg
gegen die Hausverwaltung, gegen Wohnungseigentümer und gegen fast alle
Beschlüsse der Eigentümerversammlung. So wurde unter anderem gefordert, dass die
Wohnungsnachbarn die neuen Fenster mit den neuen Rollos wieder ausbauen sollten.
Es folgte der mühsame Weg mit Stellungnahmen, Informationen an die Eigentümer,
Gerichtstermin und schließlich ein gerichtlich angeordneter Ortstermin. Das kostete
alles Zeit, Nerven und auch Geld. Schließlich und endlich wurden aber die
entscheidenden vom Gericht im Interesse aller Hausbewohner entschieden und die
Klagen der Familie Müller abgewiesen. Es ist sehr schade, dass es Menschen gibt, die
in Gemeinschaft nicht miteinander leben können
E-Mail
Gästebuch
Glockenkrieg von Lomnitz
•
Der Schilderkrieg von Lomnitz
•
Anzeige wegen einer Glocke
•
Schwelt da ein Ost - West - Konflikt?
•
Gerüchte und ein wenig Häme
•
Glockenstreit von Lomnitz erleben auch Umkircher
•
Erstes Beispiel:
•
Zweites Beispiel:
Der Schilderkrieg von Lomnitz
Wie in einer Dorfposse kämpft ein zugezogenes Ehepaar gegen alle
in der Gemeinde und füllt damit Aktenordner und Aktenordner. Die
winterkahlen Bäume vor Werner Müllers Haus verkünden seine
Wahrheit. Große Schilder hängen in den Ästen, deutlich lesbar für
alle, die vorübergehen. „Verwüstung und Verdrängung ist hier die
Tagesordnung“ liest der Besucher, überrascht von derart harten
Worten in einem kleinen, verschlafenen Dorf. Als „Objektkunst“
bezeichnet Werner Müller das ungewöhnliche Werk;
„Meinungsfreiheiten“ sagt seine Frau dazu.
Vor Weihnachten waren es noch über zwanzig Schilder, beschrieben
mit Reimen gegen die Gemeinde Lomnitz im Allgemeinen und
gegen eine Türglocke im Besonderen. Inzwischen hängen nur noch
drei Protesttafeln auf Müllers Grundstück nahe Radeberg.
Jugendliche seien nachts über den Zaun gestiegen und hätten die
Schilder gestohlen, vermutet Ria Hänel-Müller. Mit dieser
Annahme liegt sie wahrscheinlich richtig. Denn was aus Sicht der
Müllers ein „ demokratisches Mittel“ zur Selbstverteidigung ist,
finden viele Einwohner des kleinen Dörfchens Lomnitz lächerlich
oder sogar schändlich.
Anzeige wegen einer Glocke
Eine lange hässliche Reihe von Zwietracht und Unverständnis
gipfelt Ende letzten Jahres in dem bizarr anmutenden Schilderkrieg.
Anlass für den eskalierenden Konflikt war eine kleine goldene
Glocke, die bei Familie Seifert im Nachbarhaus als Türklingel
dient. Die Glocke bimmele durch die geschlossenen Fenster
hindurch und zwar auch nachts, sagen die Müllers. „Weg mit der
Glocke“, schrieben sie auf ein Schild und stellten es in ihrem
Garten auf. Sie erstatteten Anzeige gegen Regina Seifert, die in der
Gemeinde im Ordnungsamt arbeitet und verlangten, „dass endlich
Ruhe und Ordnung einkehren“. Aber die anderen Nachbarn
bekundeten ihre Solidarität mit Seiferts Türglocke: Die hänge schon
immer da und habe nie jemanden gestört. Gegenüber von Müllers
Grundstück tauchten Gegen-Transparente auf. „Die Glocke muss
bleiben“, steht dort auch jetzt noch geschrieben. Das Dörfchen
Lomnitz hat Partei ergriffen. Eine Glocke brachte den Vulkan zum
Ausbrechen, aber rumort hat es im Inneren schon seit Jahren. 1996
zogen die Müllers aus Süddeutschland nach Lomnitz. Die
Dorfbewohner sahen das Auto mit dem fremden Kennzeichen,
sahen, dass auf dem Grundstück am Kirchweg gewerkelt wurde.
Aber Kontakt mit den neuen Nachbarn gab es nicht. „Wir wollen
unsere Ruhe“, sagt Ria Hänel-Müller. In Süddeutschland sei es
üblich, „mehr für sich“ zu leben. Die Nachbarn haben sich damals
gewundert und ratlos die Schultern gezuckt: Dann eben nicht. Mit
den Müllers kam Unruhe ins Dorf und ein Berg Verwaltungsarbeit.
Ein Streit mit der Gemeinde um die Vermessung ihres Grundstücks
war der Beginn einer langen Reihe von Anzeigen und
Beschwerden. „Etwa 100 Vorgänge“ seien seit 1996 auf seinem
Schreibtisch gelandet, sagt Bürgermeister Michael Eisold. Auch
beim Ehepaar Müller füllt der Schriftverkehr mit der Gemeinde
inzwischen fünf Ordner und einige Kästen mit Dias. Denn alles
wird pedantisch dokumentiert und dann angezeigt: der Falschparker
am Kirchweg, der Nachbarshund, der mit seinem Bellen „belästigt
und gefährdet“, der Kirschbaum, der im Wege steht – und natürlich
die Glocke. Nachbar Andreas Kleiber schüttelt den Kopf: „Auf dem
Dorf bellt nun mal der der Hund, wer das nicht will, muss in den
Wald ziehen.“ Noch nie hätte es so was gegeben und eigentlich
könne man nur darüber lachen
Schwelt da ein Ost-West-Konflikt ?
Die Müllers fühlen sich in Lomnitz nicht willkommen. Sie
vermuten, dass im Dorf Ränke gegen sie geschmiedet werden und
dass man sie hinausekeln will. Als Grund sehen sie einen „Ost-
West-Konflikt“. Andreas Kleiber glaubt das nicht. Für intelligente
Leute verhalten sich die Müllers nach Meinung der Lomnitzer
allerdings sehr eigenartig. Und dass es intelligent ist, betont das
Ehepaar ganz außerordentlich. Werner Müller setzt hinter jede
seiner Unterschriften ein TOL a. D.. Das steht für Technischer
Oberlehrer außer Dienst. Auf Ria Hänel-Müllers Signum folgt stets
das M.A. für ihren Magister in Slawistik, Germanistik und
Musikwissenschaft. Im Schriftverkehr mit der Gemeinde haben die
Müllers verlangt, dass ihre Titel genauso anerkannt und verwendet
werden wie der von Bürgermeister Michael Eisold. Wer nicht
Nachbar ist und manchmal über den Gartenzaun lugt, weiß fast
nichts von den Müllers, die doch schon seit vier Jahren in Lomnitz
wohnen. „Fremde Leute sind das“, sagt eine Frau, die ihr Fahrrad
die Dorfstraße entlangschiebt. Wie es weitergehen soll, weiß keiner
in der Gemeinde. In der Silvesternacht hat die Dorfjungend das
Grundstück der Müllers mit Knallern bombardiert. Die Eheleute
sagen, dass sie weitermachen, mit ihren Mitteln. „Nur wenn wir es
gar nicht mehr aushalten, werden wir hier wegziehen“, sagt TOL a.
D. Werner Müller. „Aber dann werden wir von Westdeutschland
aus gerichtliche Schritte unternehmen.“
Gerüchte und ein wenig Häme
In Lomnitz kursiert das Gerücht über den Ort Umkirch im
Breisgau, von dem die Müllers 1996 nach Sachsen kamen: „An
dem Tag, an dem die beiden weggezogen sind, wird dort jedes Jahr
ein Dorffest gefeiert“, sagt Andreas Kleiber und muss schmunzeln.
So wörtlich sei das sicher nicht zu nehmen, meint Bürgermeister
Michael Eisold. Aber dass die Gemeinde Umkirch den Lomnitzern
ihr herzliches Beileid ausgesprochen habe, das sei schon richtig.
Derweil trotzen im nackten Geäst der Bäume vor Müllers Haus die
Plakate mit dem Protest gegen das Gemeindeamt weiter Wind und
Wetter. „Man sitzt dort in Amt und Würden und stellt den Fremden
nur Hürden“, steht da in kämpferischen Lettern. So behält jeder
seine Wahrheit.
Glockenstreit von Lomnitz
erlebten auch Umkircher
Johannes Kramer aus 79224 Umkirch schrieb dieser Tage
folgenden Brief an die Gemeindeverwaltung Wachau, welchen wir
(die Sächsische Zeitung) mit Genehmigung von ihm
veröffentlichen. Dabei geht es um den Glockenstreit von Lomnitz
(SZ vom 05.01.2001) In der letzten Woche sahen wir in der ARD –
Sendung „Brisant“ den Beitrag zum Glockenstreit in Lomnitz. Ich
bin von einigen Bewohnern
unseres Hauses daraufhin angesprochen worden und möchte zum
Ehepaar Müller ein paar Anmerkungen machen. Werner Müller
TOL a. D. und Ria Hähnel-Müller M. A. – so die korrekte Anrede,
auf die sie großen Wert legen, besitzen seit Anfang der neunziger
Jahre eine Einzimmerwohnung in unserem Haus, welches ein
zwölfgeschossiges Hochhaus mit 72 Wohnungen ist. Es sind alles
Eigentumswohnungen, die Mehrzahl der Eigentümer wohnt darin.
Wir haben eine Hausverwaltung, die unsere Anlage verwaltet. Auf
den jährlichen Eigentümerversammlungen wird über alle Ausgaben,
notwendige Erneuerungen usw. berichtet und abgestimmt. Wenn die
erforderlichen Mehrheiten vorhanden sind, werden diese
Beschlüsse umgesetzt. Seit sechs Jahren bin ich Beiratsmitglied,
gewählter Vertreter der Eigentümer. Seit dieser Zeit gab es ständig
Ärger mit Familie Müller. Bei der Hausverwaltung haben sich
schon Aktenberge angehäuft. Familie Müller nimmt an keinen
Eigentümerversammlungen teil, sie lehnen im Vorfeld schon fast
alle Tagesordnungspunkte ab und stimmen per Vollmacht gegen
fast alle Beschlüsse. Nachfolgend zwei Beispiele von Beschwerden,
die mich an den Glockenstreit erinnern:
Erstes Beispiel:
Jahrelang fuhr ein Bäckerauto mit frischen Brötchen gegen 8 Uhr
auf den Parkplatz vor dem Haus und machte sich mit einer Klingel
bemerkbar. Gerade ältere Bewohner fanden das recht gut, da der
Weg zum Bäckerladen erspart blieb. Familie Müller beschwerte
sich mehrfach.
Zweites Beispiel:
Die Wohnungsnachbarn, ein Rentnerehepaar, ließen mit
Zustimmung der Eigentümerversammlung ihre Fenster erneuern
und mit einem Rolladen ausstatten. Dieses Rollo wird von einem
Motor angetrieben. Die Anlage wurde von einer Fachfirma
installiert und entspricht dem neuesten Stand. Die 20 Sekunden
surren des Rolladenmotors morgens gegen 8 Uhr und abends gegen
21 Uhr veranlasste Familie Müller wieder zu diversen Beschwerden
und Klagen. Nach der Eigentümerversammlung 1999 erhob Familie
Müller Klage beim Amtsgericht Freiburg gegen die
Hausverwaltung, gegen Wohnungseigentümer und gegen fast alle
Beschlüsse der Eigentümerversammlung. So wurde unter anderem
gefordert, dass die Wohnungsnachbarn die neuen Fenster mit den
neuen Rollos wieder ausbauen sollten. Es folgte der mühsame Weg
mit Stellungnahmen, Informationen an die Eigentümer,
Gerichtstermin und schließlich ein gerichtlich angeordneter
Ortstermin. Das kostete alles Zeit, Nerven und auch Geld.
Schließlich und endlich wurden aber die entscheidenden vom
Gericht im Interesse aller Hausbewohner entschieden und die
Klagen der Familie Müller abgewiesen. Es ist sehr schade, dass es
Menschen gibt, die in Gemeinschaft nicht miteinander leben
können
Glockenkrieg von Lomnitz
•
Der Schilderkrieg von Lomnitz
•
Anzeige wegen einer Glocke
•
Schwelt da ein Ost - West - Konflikt?
•
Gerüchte und ein wenig Häme
•
Glockenstreit von Lomnitz erleben auch
Umkircher
•
Erstes Beispiel:
•
Zweites Beispiel:
Der Schilderkrieg von Lomnitz
Wie in einer Dorfposse kämpft ein zugezogenes
Ehepaar gegen alle in der Gemeinde und füllt damit
Aktenordner und Aktenordner. Die winterkahlen
Bäume vor Werner Müllers Haus verkünden seine
Wahrheit. Große Schilder hängen in den Ästen,
deutlich lesbar für alle, die vorübergehen.
„Verwüstung und Verdrängung ist hier die
Tagesordnung“ liest der Besucher, überrascht von
derart harten Worten in einem kleinen, verschlafenen
Dorf. Als „Objektkunst“ bezeichnet Werner Müller
das ungewöhnliche Werk; „Meinungsfreiheiten“ sagt
seine Frau dazu.
Vor Weihnachten waren es noch über zwanzig
Schilder, beschrieben mit Reimen gegen die
Gemeinde Lomnitz im Allgemeinen und gegen eine
Türglocke im Besonderen. Inzwischen hängen nur
noch drei Protesttafeln auf Müllers Grundstück nahe
Radeberg. Jugendliche seien nachts über den Zaun
gestiegen und hätten die Schilder gestohlen, vermutet
Ria Hänel-Müller. Mit dieser Annahme liegt sie
wahrscheinlich richtig. Denn was aus Sicht der
Müllers ein „ demokratisches Mittel“ zur
Selbstverteidigung ist, finden viele Einwohner des
kleinen Dörfchens Lomnitz lächerlich oder sogar
schändlich.
Anzeige wegen einer Glocke
Eine lange hässliche Reihe von Zwietracht und
Unverständnis gipfelt Ende letzten Jahres in dem
bizarr anmutenden Schilderkrieg. Anlass für den
eskalierenden Konflikt war eine kleine goldene
Glocke, die bei Familie Seifert im Nachbarhaus als
Türklingel dient. Die Glocke bimmele durch die
geschlossenen Fenster hindurch und zwar auch nachts,
sagen die Müllers. „Weg mit der Glocke“, schrieben
sie auf ein Schild und stellten es in ihrem Garten auf.
Sie erstatteten Anzeige gegen Regina Seifert, die in
der Gemeinde im Ordnungsamt arbeitet und
verlangten, „dass endlich Ruhe und Ordnung
einkehren“. Aber die anderen Nachbarn bekundeten
ihre Solidarität mit Seiferts Türglocke: Die hänge
schon immer da und habe nie jemanden gestört.
Gegenüber von Müllers Grundstück tauchten Gegen-
Transparente auf. „Die Glocke muss bleiben“, steht
dort auch jetzt noch geschrieben. Das Dörfchen
Lomnitz hat Partei ergriffen. Eine Glocke brachte den
Vulkan zum Ausbrechen, aber rumort hat es im
Inneren schon seit Jahren. 1996 zogen die Müllers aus
Süddeutschland nach Lomnitz. Die Dorfbewohner
sahen das Auto mit dem fremden Kennzeichen, sahen,
dass auf dem Grundstück am Kirchweg gewerkelt
wurde. Aber Kontakt mit den neuen Nachbarn gab es
nicht. „Wir wollen unsere Ruhe“, sagt Ria Hänel-
Müller. In Süddeutschland sei es üblich, „mehr für
sich“ zu leben. Die Nachbarn haben sich damals
gewundert und ratlos die Schultern gezuckt: Dann
eben nicht. Mit den Müllers kam Unruhe ins Dorf und
ein Berg Verwaltungsarbeit. Ein Streit mit der
Gemeinde um die Vermessung ihres Grundstücks war
der Beginn einer langen Reihe von Anzeigen und
Beschwerden. „Etwa 100 Vorgänge“ seien seit 1996
auf seinem Schreibtisch gelandet, sagt Bürgermeister
Michael Eisold. Auch beim Ehepaar Müller füllt der
Schriftverkehr mit der Gemeinde inzwischen fünf
Ordner und einige Kästen mit Dias. Denn alles wird
pedantisch dokumentiert und dann angezeigt: der
Falschparker am Kirchweg, der Nachbarshund, der
mit seinem Bellen „belästigt und gefährdet“, der
Kirschbaum, der im Wege steht – und natürlich die
Glocke. Nachbar Andreas Kleiber schüttelt den Kopf:
„Auf dem Dorf bellt nun mal der der Hund, wer das
nicht will, muss in den Wald ziehen.“ Noch nie hätte
es so was gegeben und eigentlich könne man nur
darüber lachen
Schwelt da ein Ost-West-Konflikt ?
Die Müllers fühlen sich in Lomnitz nicht
willkommen. Sie vermuten, dass im Dorf Ränke
gegen sie geschmiedet werden und dass man sie
hinausekeln will. Als Grund sehen sie einen „Ost-
West-Konflikt“. Andreas Kleiber glaubt das nicht. Für
intelligente Leute verhalten sich die Müllers nach
Meinung der Lomnitzer allerdings sehr eigenartig.
Und dass es intelligent ist, betont das Ehepaar ganz
außerordentlich. Werner Müller setzt hinter jede seiner
Unterschriften ein TOL a. D.. Das steht für
Technischer Oberlehrer außer Dienst. Auf Ria Hänel-
Müllers Signum folgt stets das M.A. für ihren
Magister in Slawistik, Germanistik und
Musikwissenschaft. Im Schriftverkehr mit der
Gemeinde haben die Müllers verlangt, dass ihre Titel
genauso anerkannt und verwendet werden wie der von
Bürgermeister Michael Eisold. Wer nicht Nachbar ist
und manchmal über den Gartenzaun lugt, weiß fast
nichts von den Müllers, die doch schon seit vier
Jahren in Lomnitz wohnen. „Fremde Leute sind das“,
sagt eine Frau, die ihr Fahrrad die Dorfstraße
entlangschiebt. Wie es weitergehen soll, weiß keiner
in der Gemeinde. In der Silvesternacht hat die
Dorfjungend das Grundstück der Müllers mit Knallern
bombardiert. Die Eheleute sagen, dass sie
weitermachen, mit ihren Mitteln. „Nur wenn wir es
gar nicht mehr aushalten, werden wir hier
wegziehen“, sagt TOL a. D. Werner Müller. „Aber
dann werden wir von Westdeutschland aus
gerichtliche Schritte unternehmen.“
Gerüchte und ein wenig Häme
In Lomnitz kursiert das Gerücht über den Ort
Umkirch im Breisgau, von dem die Müllers 1996 nach
Sachsen kamen: „An dem Tag, an dem die beiden
weggezogen sind, wird dort jedes Jahr ein Dorffest
gefeiert“, sagt Andreas Kleiber und muss schmunzeln.
So wörtlich sei das sicher nicht zu nehmen, meint
Bürgermeister Michael Eisold. Aber dass die
Gemeinde Umkirch den Lomnitzern ihr herzliches
Beileid ausgesprochen habe, das sei schon richtig.
Derweil trotzen im nackten Geäst der Bäume vor
Müllers Haus die Plakate mit dem Protest gegen das
Gemeindeamt weiter Wind und Wetter. „Man sitzt dort
in Amt und Würden und stellt den Fremden nur
Hürden“, steht da in kämpferischen Lettern. So behält
jeder seine Wahrheit.
Glockenstreit von Lomnitz
erlebten auch Umkircher
Johannes Kramer aus 79224 Umkirch schrieb dieser
Tage folgenden Brief an die Gemeindeverwaltung
Wachau, welchen wir (die Sächsische Zeitung) mit
Genehmigung von ihm veröffentlichen. Dabei geht es
um den Glockenstreit von Lomnitz (SZ vom
05.01.2001) In der letzten Woche sahen wir in der
ARD – Sendung „Brisant“ den Beitrag zum
Glockenstreit in Lomnitz. Ich bin von einigen
Bewohnern
unseres Hauses daraufhin angesprochen worden und
möchte zum Ehepaar Müller ein paar Anmerkungen
machen. Werner Müller TOL a. D. und Ria Hähnel-
Müller M. A. – so die korrekte Anrede, auf die sie
großen Wert legen, besitzen seit Anfang der neunziger
Jahre eine Einzimmerwohnung in unserem Haus,
welches ein zwölfgeschossiges Hochhaus mit 72
Wohnungen ist. Es sind alles Eigentumswohnungen,
die Mehrzahl der Eigentümer wohnt darin. Wir haben
eine Hausverwaltung, die unsere Anlage verwaltet.
Auf den jährlichen Eigentümerversammlungen wird
über alle Ausgaben, notwendige Erneuerungen usw.
berichtet und abgestimmt. Wenn die erforderlichen
Mehrheiten vorhanden sind, werden diese Beschlüsse
umgesetzt. Seit sechs Jahren bin ich Beiratsmitglied,
gewählter Vertreter der Eigentümer. Seit dieser Zeit
gab es ständig Ärger mit Familie Müller. Bei der
Hausverwaltung haben sich schon Aktenberge
angehäuft. Familie Müller nimmt an keinen
Eigentümerversammlungen teil, sie lehnen im Vorfeld
schon fast alle Tagesordnungspunkte ab und stimmen
per Vollmacht gegen fast alle Beschlüsse.
Nachfolgend zwei Beispiele von Beschwerden, die
mich an den Glockenstreit erinnern:
Erstes Beispiel:
Jahrelang fuhr ein Bäckerauto mit frischen Brötchen
gegen 8 Uhr auf den Parkplatz vor dem Haus und
machte sich mit einer Klingel bemerkbar. Gerade
ältere Bewohner fanden das recht gut, da der Weg zum
Bäckerladen erspart blieb. Familie Müller beschwerte
sich mehrfach.
Zweites Beispiel:
Die Wohnungsnachbarn, ein Rentnerehepaar, ließen
mit Zustimmung der Eigentümerversammlung ihre
Fenster erneuern und mit einem Rolladen ausstatten.
Dieses Rollo wird von einem Motor angetrieben. Die
Anlage wurde von einer Fachfirma installiert und
entspricht dem neuesten Stand. Die 20 Sekunden
surren des Rolladenmotors morgens gegen 8 Uhr und
abends gegen 21 Uhr veranlasste Familie Müller
wieder zu diversen Beschwerden und Klagen. Nach
der Eigentümerversammlung 1999 erhob Familie
Müller Klage beim Amtsgericht Freiburg gegen die
Hausverwaltung, gegen Wohnungseigentümer und
gegen fast alle Beschlüsse der
Eigentümerversammlung. So wurde unter anderem
gefordert, dass die Wohnungsnachbarn die neuen
Fenster mit den neuen Rollos wieder ausbauen sollten.
Es folgte der mühsame Weg mit Stellungnahmen,
Informationen an die Eigentümer, Gerichtstermin und
schließlich ein gerichtlich angeordneter Ortstermin.
Das kostete alles Zeit, Nerven und auch Geld.
Schließlich und endlich wurden aber die
entscheidenden vom Gericht im Interesse aller
Hausbewohner entschieden und die Klagen der
Familie Müller abgewiesen. Es ist sehr schade, dass es
Menschen gibt, die in Gemeinschaft nicht
miteinander leben können